Ach du fröhliche …
Wir verstehen schon, welche Herausforderung die diesjährige Weihnachtszeit für die Pastorinnen und Pastoren bedeutet. Was tun, wenn in den Kirchen nur ein Bruchteil der Plätze zur Verfügung steht? In der Krise könnte ja die Chance entdeckt werden, das zwischen Konsumismus und mühsam vorbereiteter Sentimentalität verdrängte Magnificat wieder zu entdecken, also in Wort und Tat zum Leben zu erwecken.
Aber Pustekuchen, die Hamburger Pastor*innenschaft bereitet sich ganz anders auf Weihnachten vor, wie einem Bericht der Ev. Zeitung vom 8. Oktober über einen Holy Workshop mit dem Gottesdienst-Institut zu entnehmen ist. Da lernen sie als erste Regel für Weihnachten, unbedingt früh mit der Planung anzufangen. Darauf wären die Pastor*innen nie gekommen, die Depperten. Richtig genial ist der Rat, sich rechtzeitig um Lautsprecher zu kümmern, bevor die Nachgemeinden sie wegschnappen.
Die Ev. Zeitung präsentiert aber auch ganz plietsche Originale wie den Pastor, der sich über den Talar eine Lichterkette hängt und jetzt schon einen „weihnachtlichen Klangteppich“ produzieren ließ. Der kommt dann auf sein Lastenfahrrad und wird am Christmas Eve vor Einkaufszentren, Altenheimen und Bushaltestellen als Untermalung für die Weihnachtsgeschichte eingesetzt. Der Clou: Mitglieder des Gemeindechors begleiten den Pastor und verkleiden sich dafür als Rentiere. Vor dem pastörlichen Schlusssegen singen diese Rentiere dann noch, na was wohl? Nein, nicht das, sondern „oh Du fröhliche“.
Zwei Varianten, vielleicht für die Nachbargemeinden gäbe es noch: Die Rentiere singen als Überleitung zum Segen tatsächlich das amerikanische Volkslied von „Rudolph the Red-Nosed reindeer“. Und weil Rudolph wegen seiner weithin leuchtenden roten Nase von Santa Claas auserwählt wurde zum Geschenkeverteilen, pappen sich alle eine rote Nase auf und der Pastor oder wahlweise mal eine Pastorin gehen als Santa Claas.
Oder, andere Variante, die Chorleute verkleiden sich als Ochs und Esel, und der Pastor macht den Josef, im Lastenfahrrad dann das Jesuskind.
Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Zu empfehlen wäre noch ein Wettbewerb für die fröhlichsten Ideen. Selfies können eingeschickt werden an die Regionalmagazine des NDR. Erster Preis ist die Einladung zur Epiphanias-Sendung aufs Rote Sofa, wo die fröhlichste Idee von der Geistlichen Leitung der Ev. Kirche gewürdigt wird. Zweiter Preis ist eine gemeinsame Bootsfahrt mit Hamburgs Schwanenvater und als Dritten gibt’s noch eine kleine Spritztour mit der immer fröhlichen 2. Bürgermeisterin in ihrem silbergrauen Mercedes E 300e-Dienstwagen entlang der weihnachtlichen Erfolgsroute. Alle anderen Teilnehmer*innen dürfen im nächsten Jahr in der Poststelle der niedersächsischen Gemeinde Himmelpforten die Weihnachtswunschbriefe von Kindern beantworten.
Doch vor dem Lohn liegt die Arbeit. Und wir sind gespannt: Ob einige Seniorinnen die Rentiere und ihren Pastor dann mit Moncheries und Weihnachtssternen aus Lebkuchen, Plastik oder Grüntopf bewerfen? Oder Busfahrer bei den Haltestellen mit dem blinkenden Pastor einfach durchfahren? Oder einige genervte Schnelleinkäufer vor Aldiliedel ein weihnachtliches Hup-Konzert veranstalten? Wir werden es vermutlich nicht erfahren. Aber lustig wäre es, ganz im Sinne von „Oh du fröhliche…“
…und ich dachte schon, ich wäre der einzige Pastor, der den Beitrag in der Kirchenzeitung komisch findet.